Anzeige
Anzeige

Fachwerkhaus am Thie – Herz und Verstand streiten im Bauausschuss

Barsinghausen. Im Barsinghäuser Bauausschuss wurde die Thematik Fachwerkhaus am Thie (Marktstraße 18) besprochen. Die Verwaltung schlug mit dem Versuch es anzukaufen, oder eben auch nicht, zwei Alternativen vor. Die Kosten sind, bei aktuell angespannter Haushaltslage, ein wichtiger Knackpunkt, jedoch liegt eine sinnvolle Nutzung und ein Erhalt des Hauses an zentraler Stelle allen am Herzen.

Die Stadtverwaltung steht laut Baudezernent Ingo Ellerkamp in Kaufverhandlungen mit den Eigentümern des Fachwerkhauses am Thie. Seit 2009 steht das Gebäude leer und verwittert seitdem zusehends. Mit der sehr zentralen Lage in der Marktstraße ist es Stadtbildprägend. Aufgrund des schlechten Zustandes wurde dem Haus der Denkmalschutz-Status bereits 1991 entzogen.

Um zu entscheidungsbegründenden Zahlen zu kommen, wurde im Rahmen der Modernisierungsvoruntersuchung (MVU) auf der Grundlage des Nutzungsspektrums ein erster Kostenrahmen für den Vorentwurf ermittelt. Dieser beläuft sich laut Gutachter auf rund 1,6 Mio. Euro (brutto). Davon entfallen knapp 700.000 Euro auf Instandsetzungsmaßnahmen und rund 900.000 Euro auf Ausbaumaßnahmen. Teile der Maßnahmen aus dem Instandsetzungspaket sind als Sofort- bzw. Sicherungsmaßnahmen zu verstehen, d. h. die Durchführung der Maßnahmen müsste erfolgen, um den voranschreitenden Verfall der Bausubstanz (Pilzbefall, Eindringen von Feuchtigkeit/Nässe, Standsicherheit) aufzuhalten. Hierauf entfallen ca. 35% der Kosten aus dem
Instandsetzungspaket und somit ca. 240.00 Euro. Der Gutachter empfiehlt für weitere Entscheidungen über Planung und Umsetzung einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 15 – 25%, um Baupreissteigerungen und unerwartete Aufwände überschlägig abzubilden. Der Gesamtkostenrahmen inkl. des o.g. Sicherheitszuschlags beläuft sich damit sachverständig geschätzt auf rund 1,8 bis 2 Mio. Euro.

Da die Preisentwicklungen der nächsten Jahre schwer abzuschätzen sind, ist aus Sicht der
Verwaltung für die Gesamtmaßnahme von einem Kostenvolumen von 2,5 bis 2,6 Mio. Euro auszugehen. Die Stadt hat mit dem neuen Eigentümer eine „Stillhaltevereinbarung“ bis September 2022 getroffen, um bis dahin das Gebäude Marktstraße 18 zu gleichbleibenden Konditionen zu erwerben. Ellerkamp sagte, dass der Eigentümer aber wohl auch die anstehende Verwaltungsausschusssitzung und die Ratssitzung (13. Oktober) abwarten wird.

Die Frage im Bauausschuss war nun, ob die Stadt sich das Gebäude sichern soll, oder nicht. Grundsätzlich sprachen sich alle Ausschussmitglieder für den Erwerb und eine Nutzung aus, jedoch seien die Kosten bei der aktuellen Haushaltslage nicht außer Acht zu lassen. Ellerkamp gab zu bedenken, dass die Stadt nur durch den Kauf direkten Einfluss auf das Gebäude habe. Ein Verkauf an einen Investor, ein Abriss oder eine Sanierung läge am Ende des aktuellen Eigentümers.

Eine Nutzung des Gebäudes ist aktuell noch offen. Die Verwaltung schlägt eine öffentliche Nutzung, wie z.B. Stadtteiltreff mit Cafécharakter, Tourismusbüro, Multifunktionsraum, Platz für kleine Ausstellungen, oder auch Raum für Popup-Stores vor. Grundsätzlich ist auch eine Nutzung des Objektes mit Geschäfts-, Büro- und Wohnflächen
denkbar. Dazu stellt sich allerdings die Frage, ob und mit welchem Ziel z.B. die Stadt ein „gewerblich“ genutztes Objekt errichten und betreiben sollte, so Ellerkamp.

Für Kerstin Beckmann (AfB) ist die Frage des Ankaufs eine Entscheidung zwischen Herz und Verstand. Die Kosten seien aufgrund der Finanzlage der Stadt hoch, dass Haus aber Stadtbildprägend. Für Ben Eggert (FDP) steht die Refinanzierung auf der Kippe, da die aktuelle Wirtschaftslage zu unvorhersehbar sei. Marlene Hunte-Grüne (SPD) schlug vor, dass in den Fraktionen noch einmal in Ruhe beraten werden sollte, um dann im Verwaltungsausschuss darüber zu beraten. Für Bärbel Cronau-Kretzschmar (Grüne) stehen weniger die Kosten im Mittelpunkt, sondern die Chance das Haus zu erwerben und zu nutzen, bevor das Haus noch über Jahre weiter verfällt. Max Matthiesen (CDU) war zu unklar, ob Förderprogramme zur Unterstützung genutzt werden können. Da die Nutzung noch nicht geklärt sei, so Ellerkamp, könnten Aussagen über eine Förderung noch nicht verlässlich getätigt werden.

„Aus haushälterischer Sicht können wir uns dieses Projekt – gerade aktuell – nicht erlauben. Aus Sicht der Innenstadtentwicklung besteht nur jetzt eine, vermutlich, einmalige Chance“, so Ellerkamp abschließend.

Die Mitglieder des Bauausschusses stimmten dann dafür, das Thema für weitere Beratungen in die Fraktionen zu nehmen und dann im Verwaltungsausschuss darüber zu beraten. Die Öffentlichkeit wird dann wohl in der Ratssitzung (13. Oktober) erfahren, wie es mit dem Fachwerkhaus am Thie weitergehen wird.