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Region möchte den Autoverkehr bis 2035 halbieren

Bringen die Verkehrswende voran: Melanie Saraval (v.l.), Projektleiterin Mobilnetzwerk bei der Region Hannover, Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz und Botschafterin Katja Diehl. Foto: Pförtner/Region Hannover.

Region. Die Erweiterung des On-Demand-Angebotes „sprinti“, der Ausbau der Infrastruktur für mehr Verbindungen im S-Bahn-Verkehr, neue Fahrradrouten oder die Digitalisierung des Park-and-Ride-Systems (P+R): Der in diesem Juli von der Regionsversammlung beschlossene Verkehrsentwicklungsplan 2035+ (VEP) versteht sich als Aktionsprogramm für die Verkehrswende in der Region Hannover. Das Ziel: Bezogen auf die zurückgelegten Wegstrecken soll sich der Autoverkehr halbieren, die Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung verdoppeln. Die ersten vorgesehenen Maßnahmen werden jetzt umgesetzt..

sprinti

Ab Dezember dieses Jahres verkehrt sprinti in insgesamt zwölf Regionskommunen und deckt damit die Tarifzone C des GVH komplett ab. Mit der Ausweitung des Angebots im hannoverschen Umland vergrößert sich der potenzielle Nutzerkreis auf 360.000 Einwohner. Die rund 120 Fahrzeuge sind dann auf einer Fläche von der doppelten Größe Berlins im Einsatz. Sprinti ist damit deutschlandweit das größte On-Demand-System im ÖPNV. „Wir schaffen so eine neue Qualität des Nahverkehrs im ländlichen Raum“, erklärt Ulf-Birger Franz, Verkehrsdezernent der Region Hannover.

Bahnknoten Hannover

Um die im Verkehrsentwicklungsplan beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) umsetzen zu können, müssen vor allem die Kapazitäten für zusätzliche S-Bahn-Verbindungen im und um den Hauptbahnhof Hannover ausgebaut werden. Ulf-Birger Franz: „Der ‚Bahnknoten Hannover‘ ist zentral im Schienennetz verankert und inzwischen so hoch ausgelastet, dass zusätzliche Gleise und ein Ausbau der vorgelagerten Infrastruktur einschließlich eines neuen Fahrplankonzepts unumgänglich sind. Unser Ziel ist es, den S-Bahn-Verkehr im Umland zu verdoppeln.“

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Region Hannover, Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mit Beteiligung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung (MW) und des Regionalverbandes Großraum Braunschweig soll die dafür nötigen Voraussetzungen auf Basis einer aktualisierten Planungsgrundlage definieren, die noch in diesem Jahr in Auftrag gegeben wird. Die Ergebnisse werden für Ende 2024 erwartet.

Ein Schwerpunkt der Untersuchung wird die erforderliche Weiterentwicklung des S-Bahnnetzes sowie die Angebotsausweitungen im weiteren SPNV sein. Insbesondere die S-Bahn soll auf den Stammstrecken in einem dichten 10- oder 15-Minuten Takt verkehren. Zugleich soll die Durchlässigkeit des Eisenbahnknotens Hannover für den Schienengüterverkehr, sowohl überregional als auch regional, sichergestellt sein.

Perspektiven auch für die Stadtbahn

Auch in das Stadtbahnnetz wird die Region weiter investieren, perspektivisch mit Streckenverlängerungen bis Hemmingen-Arnum, Garbsen, zum Neubau der Medizinischen Hochschule und zum Bahnhof Bismarckstraße. Damit auf den neuen Gleisen auch Bahnen fahren, muss der Fahrzeugpool der ÜSTRA aufgestockt werden. „Wir brauchen mindestens 100 zusätzliche Stadtbahnen und einen neuen Betriebshof“, erläutert Franz. Zudem soll geprüft werden, wie die Realisierungschancen für eine Ringstrecke aussehen.

Kombinierte Mobilität: Park-​and-Ride goes digital

ÖPNV statt Stau: P+R-​Anlagen mit digitaler Belegerfassung sollen Berufspendler*innen in der Region Hannover den Umstieg vom eigenen Pkw auf Bus oder Bahn erleichtern. Im Fokus stehen dabei die sensorische Aufzeichnung der Parkplatzauslastung und die unmittelbare Weitergabe dieser Informationen an digitale und mobile Anzeigen über die Verkehrsmanagementzentrale Nieder­sachsen/Region Hannover (VMZ). So kann der Autoverkehr gezielt auf freie Stellplätze gelenkt werden. In dem vom Bund geförderten Projekt wurden zunächst zehn Anlagen dafür technisch aufgerüstet, weitere vier Anlagen folgen bis Jahresende 2023, darunter die großen P+R-Anlagen in Wunstorf und Neustadt a. Rbge.

Verkehrsdezernent Franz: „Wir wollen Pendler gezielt auf freie P+R-Plätze mit attraktivem ÖPNV-Angebot lenken und ihnen schon auf der Fahrt Hinweise über eine Weiterreise mit dem ÖPNV an die Hand geben. Dies auch mit Blick auf die großen Baustellen in und um Hannover, die insbesondere für Pendelnde in den nächsten Jahren eine Herausforderung sein werden.“

Fahrradroute am Mittellandkanal

Neben dem ÖPNV spielt auch der Radverkehr eine wesentliche Rolle im „Aktionsplan Verkehrswende“. Das Radwegenetz in der Region Hannover soll weiter ausgebaut werden mit Radschnellwegen und Velorouten. Noch in diesem Jahr wird mit dem Bau der Betriebswege am Mittellandkanal zu einer „Fahrradautobahn“ begonnen. Sie soll 54 Kilometer entlang des Wasserweges einmal durch die Region führen. Auch am Stichkanal Linden, der in Richtung Innenstadt abbiegt, wird es einen großen Fahrradschnellweg geben. Ulf-Birger Franz: „Wir werden uns nach den niederländischen Standards richten, also eine relativ breite Asphaltpiste schaffen, die in Teilen auch beleuchtet sein wird. Diese Strecken sollen nicht nur für Menschen, die zwischen Hannovers Osten und Westen pendeln, sondern auch für jene, die aus dem Umland nach Hannover kommen, eine attraktive Verbindung schaffen.“ Die Baumaßnahme wird vom Bund mit 90 Prozent gefördert.

Mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer

Mithilfe sogenannter Fußverkehrs-Checks in ausgewählten Stadtteilen Hannovers sollen die Bedürfnisse der Fußgänger*innen im Straßenverkehr genauer in den Blick genommen werden. Temporäre Schulstraßen sollen dafür sorgen, dass Kinder sicher zum Unterricht kommen. Und das „Projekt Tempo 30“ soll umgesetzt werden: Die Region Hannover möchte die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit modellhaft in über 20 Ortsdurchfahrten testen. Die Ziele hier: mehr Verkehrssicherheit, besserer Lärmschutz, Luftreinhaltung, die Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie eine nicht zuletzt höhere Aufenthaltsqualität.

Unterstützung der Städte und Gemeinden durch das Mobilnetzwerk Hannover

Um die wichtigen Verkehrsentwicklungsprozesse zu organisieren, zu begleiten und auch um Multiplikator*innen anzusprechen, hat die Region Hannover das Mobilnetzwerk initiiert. Projektleiterin Melanie Saraval zur Funktion des Verbundes: „Wenn wir erfolgreich etwas verändern wollen, dann geht das nur gemeinsam. Die Region Hannover kann dafür sorgen, dass die nötige Infrastruktur für den ÖPNV geschaffen wird. Aber es geht uns auch darum, Menschen für die Verkehrswende zu gewinnen, die aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen kommen und vielleicht keine klassischen Umweltaktivist*innen sind.“

Das Mobilnetzwerk steht im engen Austausch mit den Entscheidern in den Kommunen der Region, berät diese bei der Umsetzung von Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität und stellt auch ganz konkrete Unterstützungsangebote bereit. Dazu zählen die Beratung zu Fördermitteln wie etwa die Aufstellung von „Parklets“ als Angebote für Fußgänger*innen im Straßenraum Platz zu nehmen.

„Botschafterin“ des von der Region getragenen Netzwerkes ist die Autorin („Autokorrektur“) und Host des Podcast „SheDrivesMobility“ Katja Diehl. Im Rahmen der Kommunikationsarbeit für den VEP befragt sie vor der Kamera Akteur*innen, die sich in der Region Hannover für eine nachhaltige Mobilität engagieren. Gesprächspartner*innen waren unter anderen die ÜSTRA-Vorständinnen Elke Maria van Zadel und Denise Hain, Jan Dingeldey, Bürgermeister der Stadt Hemmingen, infra-Chef Christian Weske oder stadtmobil-Geschäftsführerin Mareet Westphely. Zur nachhaltigen Mobilität und Klimaneutralität im Handwerk ließen sich Bernd Vogel vom Bestattungsinstitut Richard Eggers und Heinz-Jörg Ewald (Ewald Bedachungen) befragen.

Diehl: „Ich finde es sehr wichtig, dass sich Menschen auf den Weg machen, um im Rahmen der eigenen Möglichkeiten etwas zu tun. Dieses Engagement sichtbar zu machen und es zu bündeln, dafür sind Netzwerke wie das Mobilnetzwerk entscheidend. Unter dem zunehmenden Druck kommt Engagement endlich aus dem „Nerd-Status“ heraus und erfährt mehr und mehr Legitimation in unserer Gesellschaft. Ein guter und wertvoller Weg, den ich sehr gern unterstütze, indem ich Erfahrungen aus meiner Arbeit rein gebe, die im Handeln stärken können. Gerade, wenn der Gegenwind im ländlichen Raum besonders stark ist. Und manchmal tut ein bisschen Drive von außen einfach gut.“