Pattensen / Hiddestorf / Hannover.
Um 9 Uhr hat vor dem Amtsgericht Hannover die Verhandlung gegen den Todesfahrer Alexander E. begonnen, der am 1. Mai letzten Jahres drei Menschen durch einen Unfall zwischen Hiddestorf und Pattensen in den Tod riss. Eine vierte Person wurde schwer verletzt. Der Alkoholwert des 22-jährigen Beschuldigten war bei rund 1,2 Promille. Für den ersten Verhandlungstag sind fünf Zeugen geladen. Fortgesetzt werden soll der Prozess am 23. Februar.
Update 10.08 Uhr:
Der 22-jährige Alexander E., der am 1. Mai letzten Jahres fahrlässig für den Tod von drei Menschen sorgte, will sich nicht zu den Geschehnissen des Unfalls äußern. Grund sei sein psychischer Zustand. Sein Anwalt gab eine Stellungnahme ab: Erinnerungen an den Vorgang habe der 22-Jährige nicht. Er hätte sich vor Antritt der Fahrt fahrtüchtig gefühlt. Nach Angaben seines Anwalts sollen insgesamt sieben Personen im Unfallwagen Opel Astra gesessen haben. Zwei wurden ordnungsgemäß zu Hause abgesetzt. Was beim Unfall geschah, ist dem 22-Jährigen nicht mehr bekannt. Er leide an einer sogenannten retrogarden Amnesie. Der Angeklagte ist derzeit in psychologischer Behandlung.
Auch der 19-Jährige Beifahrer hat nach eigener Aussage keine Erinnerung an den Unfallhergang. Den Angeklagten kenne er nur als "Partybekanntschaft". Neben den fast vollständig verschwundenen, körperlichen Beschwerden, versuche der 19-Jährige sein Leben weiterzuleben. Kontakt zum Angeklagten habe er nicht mehr.
Update 10.30 Uhr:
Schleuderspuren auf der Straße wurden von der Polizei vor Ort festgestellt. Das teilte die 32-jährige Beamtin mit, die den Unfall aufgenommen hat. Die Fahrbahn soll zu dem Zeitpunkt "leicht feucht" gewesen sein. Eine Ursache für den Unfall habe sie nicht gesehen. Es handele sich bei der Straße um eine gerade Strecke.
Update 10.43 Uhr:
Nach Aussagen der beiden Ersthelfer, eine 20-Jährige und ein 21-Jähriger, waren nur der Angeklagte und der Beifahrer vor Ort ansprechbar. Eine der drei hinten mitfahrenden Personen soll aus dem Auto geschleudert worden sein. Die beiden männlichen, sich noch im Auto befindenden Personen seien "entstellt" gewesen. Vor Ort soll Beifahrer und Fahrer unter Schock gestanden haben.
Update 11.45 Uhr:
Rechts in den Graben, links zurück auf die Straße und wieder nach rechts gegen einen Baum und auf das Feld: So konstruierte der Unfallsachverständiger den Unfall am 1. Mai. Die Schleuderbewegung von links nach rechts sei auch für einen nicht alkoholisierten Fahrer schwer kontrollierbar gewesen. Warum der Angeklagte vorher rechts in einen Graben fuhr, sei vermutlich dem Alkohol geschuldet. Spuren für ein zweites beteiligtes Fahrzeug gebe es nicht. Zu schnell gefahren sei der 22-Jährige jedoch nicht. Für den Rechtsmediziner ist klar, dass es sich nicht um "einen typischen Alkoholunfall" handelt. Die hinteren Insassen sollen nicht angeschnallt gewesen sein, wie der Unfallsachverständiger mitteilte. Es hätte nur vorne an den Gurten "Belastungsspuren gegeben". Für zwei der drei hinten sitzenden Mitfahrer hätte der Gurt vielleicht einen "Unterschied in der Verletzungsmöglichkeit" gegeben. Hier konnte der Sachverständiger allerdings nur spekulieren.
Den Eltern der Verstorbenen ergehe es laut Staatsanwaltschaft wie dem Angeklagten. Eltern und Geschwister sollen sich in ärztlicher Behandlung befinden. Wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, hatte der Angeklagte sich in einem Entschuldigungsbrief an die Familien der Verstorbenen gewandt.
Update 12.40 Uhr:
"Mit einem Wert von 1,12 Promille war der Angeklagte absolut fahruntüchtig", so die Staatsanwaltschaft. Ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe, die auf Bewährung ausgesetzt werden kann, drohen dem 22-Jährigen. Zusätzlich soll der Angeklagte den Führerschein für weitere zwei Jahre nicht zurück bekommen. Weiter forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro an eine Opfer-Hilfe. "Die Familien wie auch der Angeklagte haben mit den Folgen ihr Leben lang zu kämpfen. Als ich meinem Sohn von dem Unfall erzählte, sagte er mir, er wäre lieber selber tot, als das Leben seiner Freunde auf dem Gewissen zu haben." Mit den Ereignissen wird Alexander E. sein Leben lang zu kämpfen haben, ebenso wie die Hinterbliebenden.
Der Nebenkläger der Mutter des verstorbenen Robert K. forderte lediglich eine Geldstrafe in angemessener Höhe. "Auch eine Haftstrafe bringt die Verstorbenen nicht mehr zurück", so seine Erklärung. Auch er teilt die Auffassung der Staatsanwaltschaft, den Führerschein einzubehalten. Die geforderte Zahlung an die Opferhilfe lehnte der Nebenkläger ab und forderte, das Geld an die Hinterbliebenen zu zahlen.
Der Nebenkläger der Mutter der verstorbenen Anna D. schloss sich den Forderungen der Staatsanwaltschaft an. Nur eine Geldstrafe sei nicht genug. Auch er forderte eine Zahlung an die Hinterbliebenen sowie eine Einbehaltung des Führerscheins für zwei Jahre.
"Aus meiner Sicht kann die Kausalität zwischen dem Unfall und der Alkoholisierung nicht belegt werden. Der Unfallsachverständige hat die wahrscheinlichste Möglichkeit gewählt. Aber auch die Mitfahrenden können den Fahrer beeinflusst haben", so der Anwalt von Alexander E. Der Auslöser, warum der Angeklagte ins Schleudern geriet, sei nicht bekannt. Zusätzlich forderte der Anwalt, dass der Führerschein bereits nach zehn Monaten zurückgegeben werden solle. Alexander E. äußerte sich nicht.
Update13.15 Uhr: Urteilsverkündung:
Der 22-jährige Alexander E. wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Sie wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er 1.500 Euro an die Familien der Opfer zahlen, sowie sämtliche Gerichtskosten übernehmen. Sein Führerschein wird für weitere 15 Monate einbehalten.