Großgoltern. Fast genau ein Jahr ist es her, als 49 Kinder und ihre elf Betreuer aus Odessa nach Barsinghausen kamen, um vor dem Krieg in der Ukraine zu fliehen. Seit 23 Jahren unterstützt die Hoffnungsgemeinde Barsinghausen die Kinderheimat in Odessa und stand auch in dieser Situation den Kindern zur Seite. Die Gemeinde kümmerte sich um die Unterbringung und vieles mehr. Nun ist ein Großteil der Gruppe zurück in Odessa und wird wohl auch nicht zurückkehren.
„Ich erinnere mich sehr gut an den 18. März 2022, als die Kinder hier ankamen“, erzählt Pastor Roland Bunde, „Ich war selbst in Polen, um die Kinder nach Barsinghausen zu bringen.“ Viel habe die Gemeinde in dem letzten Jahr gemeinsam mit den drei Familien erlebt. Zunächst stellte Alice von Alten, Eigentümerin Rittergut Großgoltern, eine Unterkunft zur Verfügung. Nach einem Zwischenstopp in einem Hotel, welches die Stadt Barsinghausen anmietete, kam die Gruppe in vier Einfamilienhäusern in Großgoltern unter. „Ein unglaublicher Glücksfall. Wir haben dann mit viel Aufwand die Einrichtung und die Betten organisiert“, erinnert sich Bunde. Der Rotary Club und die Bürgerstiftung Barsinghausen organisierten einen Schwimmkurs für die Kinder, sie besuchten die Bäckerei Hünerberg und gingen auf Schulen in Barsinghausen. Sonntags waren sie auch im Gottesdienst der Hoffnungsgemeinde. „Sie haben Kekse für uns gebacken und gesungen“, so der Pastor, „Zuletzt haben sie auch auf Deutsch gesungen, was für die Gemeinde besonders herzerweichend war.“
War das Heimweh doch zu groß?
Der Gruppe stand dann ein dreiwöchiges Zeitfenster zur Verfügung, um die Heimat zu besuchen. Diese Zeit sollte von der Leiterin der Gruppe auch genutzt werden, um Pflegeerlaubnisse für einige Kinder zu verlängern. „Dies war wohl nur in der Ukraine möglich. Schnell stellte sich dann heraus, dass das Zeitfenster nicht ausreichen wird, um die Dokumente zu erhalten.“ Die Gruppe, gerade die Erwachsenen, ließen auch Familie und Freunde in der Ukraine zurück, vielleicht spielte nach einem Jahr in Barsinghausen auch Heimweh eine Rolle, weshalb die Gruppe in der Ukraine blieb. „Sie haben in Odessa eine Unterkunft und die Kinder gehen auch wieder zur Schule“, weiß Pastor Bunde zu berichten. Drei Erwachsene und sechs Jugendliche (zwischen 17 und 19) sind in Barsinghausen geblieben.
Sirenengeheul gehört nun wieder zum Alltag
Laut Bunde sei Odessa gut 200 Kilometer von den direkten Kampfhandlungen entfernt. Beim letzten großen Angriff von Russland auf die Ukraine habe es aber auch in Odessa Raketeneinschläge gegeben. „Die Gruppe hat Zugang zu einem Luftschutzkeller. Jetzt gehört zum Alltag wieder Sirenengeheul“, sorgt Bunde sich. Die Hoffnungsgemeinde steht weiterhin in Kontakt mit der Gruppe.
Der Pastor erzählt weiter, dass die Gemeinde von einem jahrelangen „Miteinander“ ausgegangen sei. Nun wird man, fast genau ein Jahr nach dem Eintreffen, am kommenden Sonntag (19. März) das vergangene Jahr Revue passieren lassen. „Wir werden uns gemeinsam mit den noch verbliebenen Ukraninern Bilder der gemeinsamen Zeit anschauen und im Gottesdienst auch dankbar für die schönen gemeinsamen Erlebnisse sein.“