Hannover. Ein Unglück wie in Dresden an der Carolabrücke ist nach Einschätzung der Landesregierung selbst nach jetzigen Standards absolut unwahrscheinlich, weil die Kontrollen in Niedersachsen funktionieren und Maßnahmen getroffen werden, die in Zukunft noch verbessert werden. Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) für 4.800 Brücken zuständig, 150 davon müssen ersetzt werden. Damit dies gelingt, gibt es seit Neuestem ein Arbeitspapier („Masterplan Brücke"). Daran wurde seit Juni 2023 gearbeitet..
Handlungsstrategie („Masterplan Brücke")
Diese 150 Brücken, die 2023 in den Kategorien „Kritisch" und „Ausfall" eingestuft wurden, haben einen Planungsauftrag und sind in Bearbeitung. In der NLStBV wurde festgelegt, dass jede fertig geplante Brücke sofort gebaut wird. Dieses bereits umgesetzte Vorgehen wird als Ausgangsszenario A („Brückenpriorisierung") bezeichnet. Sollten diese Brücken nicht bis 2035 ersetzt werden, würde der Bestand der kritischen Brücken auf 407 ansteigen.
Der „Masterplan Brücke" umfasst acht Handlungsfelder. Von der Umsetzung dieser Handlungsfelder hängt die Zahl der kritischen Brücken ab, weil Brücken immer wieder in den kritischen Bereich nachrücken.
Ein optimaler Zustand wird durch ein so genanntes Erhaltungsgleichgewicht (Szenario C) erreicht. Dieses stellt sich ein, wenn die Erneuerung von Bauwerken mit der Alterung des Gesamtbestandes an Brücken Schritt hält. Dies wäre der Fall, wenn die Anzahl der kritischen Brücken konstant unter 100 gehalten werden könnte („Dauerhaftes Erhaltungsgewicht").
Gelingen kann das nur mit neuen Ingenieurstellen: Die Landesregierung setzt hier ein klares Zeichen, um die Vision „Erhaltungsgleichgewicht" zu erreichen. Im nächsten Haushaltsjahr werden Mittel für 10 zusätzliche Stellen für Brückeningenieure bereitgestellt. In den Folgejahren sollen weitere 20 Stellen dazukommen.
Verkehrsminister Olaf Lies kommentiert: „Der Infrastrukturerhalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hier hat sich in den vergangenen Jahrzehnten an vielen Stellen ein großer Investitionsstau aufgetürmt. Diesen Berg wieder kleiner zu machen, ist jetzt unsere Aufgabe. Das hat auch ganz viel mit Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates zu tun. Das müssen wir an vielen Stellen wieder herstellen.
Der Staat muss in allen existenziellen Bereichen seine originären Aufgaben erfüllen können. Die Sicherung der Mobilität ist elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge. Mit der neuen Handlungsstrategie haben wir mit Blick auf die Herausforderungen und den Landeshaushalt eine gute und kreative Möglichkeit geschaffen, unsere Ressourcen effizient einzusetzen. Die NLStBV hat dafür die Prozesse analysiert und optimiert. Oberste Priorität hat dabei die Stand- und Verkehrssicherheit der Brücken. Jede Brücke, die Baurecht erlangt, wird sofort gebaut."
Was können wir aus Dresden lernen?
- Die Sicherheit unserer Brücken hat oberste Priorität.
- Dresden zeigt, wie wichtig eine laufende Brückenkontrolle ist (DIN 1076: jährliche Sichtprüfung, alle 3 Jahre einfache Prüfung, alle 6 Jahre Hauptprüfung).
- Eine unverzügliche Beseitigung der aus den Prüfungen erkannten Mängel.
- Eine prioritäre Bereitstellung von Personal und Investitionsmitteln für die Brückenerhaltung.
- Ungeliebte Lastbeschränkungen oder andere verkehrliche Einschränkungen von Brücken aufgrund verminderter Tragfähigkeit sind im Sinne der Sicherheit keine Willkür, sondern notwendig und unvermeidbar.
Mehr Mittel für die Sanierung von Straßen- und Brückeninfrastruktur in Niedersachsen:
2022: Für Landesstraßensanierung und Radwege: ca. 98 Millionen Euro, Bund: 201,4 Millionen Euro
2023: Für Landessstraßensanierung und Radwege: ca. 82 Millionen Euro, Bund: 289,4 Millionen Euro
Für das Jahr 2024 sind ca. 110 Millionen Euro für die Erhaltung der Landesstraßeninfrastruktur und den Radwegebau vorgesehen, zzgl. Nachtragshaushalt „Hochwasser" mit 16 Millionen Euro, 240 Millionen Euro sind es für die Infrastruktur des Bundes.
Neu: Die Mittel an dieser Stelle werden über den Mipla-Ansatz verstetigt.
Zahlen/Daten/Fakten
Die Landesbehörde ist über die Brücken in Niedersachsen, für die sie zuständig ist, sehr gut informiert. Die NLStBV hat sie seit vielen Jahren genau im Blick.
Die NLStBV ist für rund 4.800 Brücken zuständig. 2.700 an Bundesstraßen, 2.100 an Landesstraßen.
Zwei Drittel dieser Brücken sind mit Verkehrslasten aus den 1950er Jahren bemessen; 1954 wog ein LKW maximal 24t, heute 40t und der Schwerlastverkehr hat sich seitdem mehr als verzehnfacht.
Prüfungen
Die Landesbehörde beobachtet, begutachtet und prüft unsere Brücken häufig und genau. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenmeistereien begutachten die Brücken zwei Mal im Jahr. Besonders ausgebildete Prüfingenieure prüfen die Brücken alle drei Jahre genau auf ihren Zustand hin. Jeder Unfall, jedes Hochwasser oder jedes andere außergewöhnliche Ereignis zieht sofort eine Sonderprüfung der jeweiligen Brücke nach sich.
Brücken, die kritische Abnutzung, Schäden wie Korrosion oder Materialermüdung erkennen lassen, werden mehrfach im Jahr begutachtet. Falls erforderlich, reicht diese intensive Überwachung bis hin zur 24-stündigen Dauerüberwachung.